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Dienstag, 19.03.2024
Das Wellergold
Das Wellergold
Längst hat die Nacht mit ihrem Dunkel das letzte Licht des Tages ertränkt.
Lang haben dichte Nebelschwaden sich schon ins Tal gesenkt.
Der Fluss, die EgerEger, rauscht.
Gen Böhmen führt sie die kühle Wasserfracht.
Ein Käuzchen ruft verloren. Sonst stille, tiefe Nacht.
Der Eisenhammer dort am Fluss, er schweigt schon lange.
Kein Mensch zu sehn, kein später Wanderer; nur dort am Hange,
da brennt ein Licht. Einsam das Haus, aus dem es spärlich dringt.
Die weiten Fichtenwälder stehen schweigend.
Der Herbstwind hoch in ihren Kronen singt.
Im Hause dort am Hang ein Mann geht in der großen Stube ruhlos auf und ab.
Das Schicksal greift mit harter Hand und schüttelt ihn,
seit ihm der Kaiser Botschaft gab,
dass er, Herr Weller, sollt' vor ihm erscheinen, um zu leiden sein Gericht.
Denn aus dem Golde Münzen schlagen - dies Recht gab ihm der Kaiser nicht.
Herr Weiler aber tat's. Die Gruben in den Fichtelbergen gaben ihm das Gold.
Sie gaben Eisen, gaben Silber, gaben Reichtum, und das hatte er gewollt.
Das war sein Traum, Herr über viele Gruben, Eisenhämmer sein.
Er hatte es erreicht. Und nun dies Ende? Nein!
Er schreit es laut, die Kerze flackert wild. Noch bin ich reich!
Die Hände wühlen liebevoll im Golde auf dem Tisch. Sein Angesicht ist bleich.
Ich gehe nicht! Er will mein Gold! Ich kann es ihm nicht geben!
Der Erde hier im Egergrund will ich es anvertraun, und kostet's mich das Leben!
In dieser Nacht noch muss ich fort. Die Magd muss helfen tragen.
Zu schwer die Last für einen Mann. Die Magd, sie wird nichts sagen.
Bei allen Heiligen, sie muss mir schwören. Und so geschieht es.
Er rafft das Gold vom Tisch und weckt die Magd. Und keiner sieht es,
wohin sie gingen in der Nacht. Sie trugen beide schwer.
Die Magd verbunden ihre Augen und an der Hand führt sie der Herr.
Sie finden ihn, den Ort, und senken den Schatz dort in die Erd' hinab.
Stumm sind die Fichten und die Magd, es wird ein schweigend' Grab.
Herr Weller nur, er weiß es ganz allein.
Am Morgen drauf flieht er nach Böhmen.
Doch niemals kehrt er von dort zurück,
weil Mörder ihm das Leben nehmen.
Jahrzehnte drüber vergangen sind.
Noch rauschen Eger, Fichten leis' im Wind.
Sie hüten das Geheimnis und den Platz.
Und keiner fand ihn je, den Wellerschatz.
Philipp Vogel
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