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Dienstag, 19.03.2024
Die Weiße Frau im Schlosse zu Erkersreuth
Die Weiße Frau im Schlosse zu Erkersreuth
Dem Markgrafen Joachim I. von Brandenburg erschien sein Schloss in Erkersreuth zu unbedeutend. Daher beauftragte er seinen Baumeister einen Erweiterungsbau vorzunehmen.
Dem stand das baufällige Häuschen einer betagten Witfrau im Wege. Der Markgraf wollte es ihr für gutes Geld abkaufen. Aber die Greisin mochte sich von ihrem Erbteil nicht trennen. Da ließ er sie kurzerhand von seinen Leuten aus ihrer alten Hütte entfernen und in ein weiter abgelegenes, schöneres Anwesen als ihr eigenes bringen. Von dort aus durfte sie so lange die Ortschaft nicht betreten, bis das Schloss fertig war.
Als der Markgraf zu seiner Einweihung mit seinen Rittern an der reichgedeckten Tafel saß, kam die Greisin in den Festsaal gehumpelt. Sie bewegte sich auf den Markgrafen zu und wünschte ihm mit hocherhobenen Armen: "Weil du mir so groß Unrecht getan, will ich nach meinem Tode dir und deiner Sippe Unglück künden!"
Ihre Verwünschung wurde nach ihrem Ableben Wirklichkeit. Wenn dem Fürstenhause Hohenzollern eine unangenehme Begebenheit bevorstand, saß sie einige Nächte vorher in weißes Totenlinnen gehüllt inmitten des Zimmers, das auf der Stelle lag, wo ihr Häuschen gestanden hatte. Niemand sah sie kommen und gehen. Aber solange sie im Schlosse weilte, befiel alle seine Bewohner ein eigenartiges Angstgefühl, sodass sich niemand ein lautes Wort zu sprechen wagte, und alle Türen und Fenster knarrten beim Öffnen. "Was wird es wieder geben!", raunte eines dem anderen zu: "Die Weiße Frau ist im Schloss!"
Diese Kunde flog von einem Hohenzollernbesitz zum andern. In Erwartung des Unglücks ging keine Arbeit vonstatten und ein Verlust geschah nach dem andern, bis es eingetreten war.
Nach Andreas Reichold: "Sagen aus Bayerns Nordostgebieten"
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